Als wir bewaffnet mit haufenweise Schuhkartons im Imperial aus dem Kombi stiegen, wollten die Kinder gleich wissen, wozu wir die alle brauchen – noch dazu, wo nichts drin war! Nina und Vicki hatten vorher in der Stadt die Schuhgeschäfte geplündert und Kartons besorgt. Da die Fußballleidenschaft der Brasilianer natürlich auch unseren Kindern im Blut steckt, wollten wir mit ihnen dieses Mal Fußballkicker bauen. Kicker aus Wäscheklammern, Trinkröhrchen und einem Schuhkarton. Wir sind immer auf der Suche nach Materialien und Ideen, die wenig Kosten verursachen und möglichst zu einem Ergebnis führen, das dann auch zum Einsatz kommen kann. Bei den letzten Treffen waren es z.B. Armreifen aus Eisstielen, Drachen aus Schaschlikstäben, Seidenpapier und Strick oder Bumerangs aus Eiskisten.
Bei diesen Aktionen braucht man viele helfende Hände. Deswegen ist es gut, dass zur Zeit unsere drei MAZ Nina, Louisa und Vicki im Imperial mitarbeiten und auch Marcia, eine Jugendliche, die dort wohnt und sich gerade auf einen MAZ-Einsatz in Deutschland vorbereitet. So können wir den Kindern gut zur Hand gehen.
Das Alter der Kinder aber auch ihre Fingerfertigkeit ist sehr unterschiedlich – manche sind ganz geschickt, anderen merkt man an, dass sie wenig Gelegenheit haben, mit Schere, Stiften, Farbe zu hantieren. Das sind Dinge, die sie normalerweise nicht zu Hause haben. Selbst die einfachen Schulmaterialien wie Stifte und Hefte fehlen oft.
Viele unserer Kinder kommen aus sehr armen Verhältnissen. Die Eltern haben keine Arbeit oder arbeiten auf den Orangenplantagen für einen sehr geringen Lohn. Das Geld reicht oft nicht, um Miete, Strom, Wasser zu zahlen und das nötige Essen für die Familie zu besorgen. Schulkleidung und Schulmaterialien sind dann nochmal zusätzliche Ausgaben und übersteigen die Möglichkeiten der Eltern.
Am Anfang eines jeden Schuljahres kommen viele Familien zu Sr. Ludwigis und bitten um Hefte, Stifte, Ranzen, Geld für Schulkleidung u.a. . In dieser Woche feiert ganz Brasilien die „semana das crianças“ – die Woche der Kinder. Auf der einen Seite wird in den „Clubs“ der Bessergestellten und Reichen unglaublich viel Geld ausgegeben, um den Kindern etwas zu bieten. Die Geschäfte machen Sonderaktionen. In den Auslagen steht alles bereit, was ein Kinderherz begehrt – für die, die Geld haben. Auf der anderen Seite sind die Menschen an den Stadträndern. Ich denke zum Beispiel an eine Familie, deren Kinder mithelfen beim Müll sortieren und kleine Stecker für die Elektroindustrie fertigen. Die Kinder arbeiten mit, damit die Familie leben kann. Der Vater bat dieser Tage um eine kleine Hilfe, um seinen Kindern auch eine Freude in der „semana das crianças“ machen zu können. Vielen geht es ähnlich.
Beim Kindertreff im Imperial feiern wir in dieser Woche natürlich auch. Wir leben mit dem Überraschungseffekt und wappnen uns so gut es geht, denn zu diesen Festen vervielfacht sich immer die Anzahl der Kinder und vorher ist eigentlich nicht wirklich absehbar wie viele kommen.
Die MAZ haben in liebevoller Kleinarbeit viele kleine Geschenke vorbereitet. Es gibt Getränke und Kuchen. Allein das ist ein Grund zu Kommen.
Beitrag von Sabine Stephan