Die für das Osterfest 2022 von der brasilianischen Regierung verkündeten Lockerungen der Pandemie-Einschränkungen hat Vertreter der Bergkloster Stiftung ermutigt, sich vor Ort ein Bild zu machen über die Situation der Bevölkerung in Leme, wo unsere Schwestern seit 1948 tätig sind.
Viele Menschen haben durch die Pandemie ihre Arbeit verloren. Die Schulen waren geschlossen, mit der Folge, dass für viele Kinder mit dem Schulessen auch die meist einzige Mahlzeit des Tages weggefallen ist. Viele Familien konnten ihre Mieten, ihren Strom, die Medikamente und nicht zuletzt die Lebensmittel nicht mehr bezahlen. Sie alle standen und stehen vor der Tür von Sr. Maria Ludwigis, die meist, aber auch nicht immer helfen konnte und kann, aber mindestens ein offenes Ohr für die Sorgen der Menschen hat. Zur Hilfe gehören auch ihre Essenskörbe, die das Notwendigste enthalten und von ihren ehrenamtlichen Mitarbeitern verteilt werden. Ein Segen für viele arme Menschen.
Der mittels in- und ausländischer Spendengelder finanzierte Bau des Sozialzentrums „Alto da Gloria“ hat inzwischen seinen Betrieb aufgenommen. Das Zentrum ist errichtet in einem Viertel, in das sich niemand freiwillig hineintraut, das im Bewusstsein der Öffentlichkeit nicht existiert, in dem der Drogenhandel blüht und Drogenbosse kontrollieren, wer in das Viertel hineinfährt. Viele Kinder und Jugendliche kommen früh unfreiwillig mit Drogen, Gewalt und Kriminalität in Berührung, so auch in unzähligen Familien. Um die Kinder und Jugendlichen da herauszuholen oder sie davor zu bewahren, wurde dieses Sozialzentrum mit integrierter Schule gegründet. Hier bekommen sie eine Schulausbildung und erfahren vor allem auch Werte, die von dem, was sie vielmals zu Hause erleben, beträchtlich abweichen. Dadurch merken sie, dass ihnen ein Leben nach diesen Werten guttut, und es ist berührend, wie sie es zeigen: Nicht nur während des Besuches aus Deutschland kommen viele auf die Schwestern zu und wollen in den Arm genommen werden, einen Moment Aufmerksamkeit spüren und genießen. So äußern sie ihre Dankbarkeit dafür, dass sie diese Schule besuchen dürfen.
Rafael, der Leiter des Sozialzentrums bemerkt, dass sich das Viertel, das zu den ärmsten in Leme gehört, bereits merklich zum Besseren gewandelt hat und neben respektvollerem Umgang im Miteinander inzwischen auch infrastrukturell Verbesserungen erfahren hat. Außerhalb der Schulzeit werden u. a. Katechese Kurse angeboten, Musik- und Computerkurse und vor allem Kurse im Capoeira. Capoeira ist eine in Brasilien sehr beliebte Kampfkunst, die Kampf, Musik, Akrobatik und Kultur in einem spektakulären, harmonischen Spiel vereint. Viele Kinder und Jugendliche, die dadurch von der Straße geholt werden, lernen einen respektvollen Umgang miteinander.
Natürlich passiert es auch, dass plötzlich ein Kind tagelang nicht mehr zum Unterricht erscheint. Dann versuchen die Mitarbeiter es zu Hause aufzusuchen und die Gründe für das Fernbleiben zu erkennen. Sie kümmern sich um die Familien, versuchen, Probleme zu lösen, Arbeit zu finden für die Väter, mit Kleiderspenden zu helfen. Es ist eine herausfordernde Arbeit, aber es lohnt sich um jedes Kind, das so für ein gelingendes Leben gewonnen wird.
Das nächste Projekt in diesem Viertel, mit dem die Provinzoberin Sr. Aurora Tenfen starten will, ist die Verbesserung der zum Teil erbärmlichen Behausungen vieler Familien. Die Häuser sollen für ein Leben in Würde instandgesetzt werden, auch um so noch besser mit den Familien in Kontakt zu kommen und näher an ihren Problemen zu sein.
In „Alto da Gloria“ zeigt sich eindrucksvoll, was ein mutiger Anfang bedeuten und wie er das Leben vieler Menschen verändern kann.